Auftrag ausgeführt

AufklBtl 6 „Holstein“ meldet sich zurück im Standort Eutin

Der letzte deutsche Soldat hat Afghanistan verlassen, die Klänge des Großen Zapfenstreichs vor dem Reichstag zu Ehren der Gefallenen und Verwundeten, zum Dank und zur Würdigung des Einsatzes aller Beteiligten, sind verklungen. Jetzt gilt es auszuwerten und Lektionen zu lernen für zukünftige Einsätze, auf allen Ebenen, bis ganz oben, bis in die Politik, bis ins Parlament.

Verbindung zum Bataillon: Die goldgelbe Bataillonsfahne weht über unserer Unterkunft

Auch der letzte Eutiner Soldat kam – völlig überraschend – bereits Ende Juni aus Afghanistan zurück. Nicht einmal genug Zeit, um das bereits gepackte Heimatpaket der Kameradschaft zuzustellen. Er erhielt dies bei seiner Rückkehr nach Deutschland von seinem Spieß, OStFw Hadeler, auf dem Flughafen ausgehändigt. Gefreut hat er sich über die Geste aber wohl doch, denn vom Kommandeur und der Kompanieführung begrüßt zu werden und gleich ein Geschenk zu bekommen, hat ja auch etwas.

Rückblickend auf die letzten 18 Jahre waren rund 800 Soldaten aller
Dienstgrade in Afghanistan. „Die Einsätze in Afghanistan haben jeden natürlich geprägt, im Guten wie im Schlechten. Man nimmt Bilder mit, die einen nie verlassen werden“, sagt Oberstleutnant Fetzer, bis Oktober stellvertretender Bataillonskommandeur in Eutin. Und Oberstleutnant Aust, der sein Kommando über die Aufklärer Ende September übergab, ergänzt: „Afghanistan hat auch die Bundeswehr verändert und in vielerlei Hinsicht reifer und erwachsener gemacht. Hier mussten wir erstmals richtig kämpfen“. Regelmäßig gerieten die Eutiner Soldaten unter Beschuss, sogar ein Spähwagen „Fennek“ wurde von einer Panzerfaust abgeschossen. „Das Bataillon hatte in den 18 Jahren riesiges Glück: Kein Soldat ist gefallen, aber wir hatten Verwundete, körperlich und psychisch“, resümiert der ehemalige Kommandeur, der als Kompaniechef selbst mit dem Bataillon in Afghanistan war. Die Erfahrungen fließen heute in die Ausbildung ein, aber die Kampferfahrung hat einen hohen Preis. Insgesamt kehrten 59 deutsche Soldaten nicht lebend aus dem Einsatz zurück.

Realistische oder unrealistische Ziele, politische, strategische oder taktische Fehler oder die Frage, ob es das alles Wert war, soll hier nicht Gegenstand der Betrachtung sein, wohl aber, was in vielen Köpfen vorging.

Ernst-Uwe Krüger, damals Oberstabsfeldwebel und Spieß der 1. Kompanie des Aufklärungsbataillons 6 „Holstein“, war 2006 in Kundus im Einsatz. „Da blutet einem das Herz“, lautet seine Reaktion, wenn er auf seine Gefühle angesprochen wird. Es habe so viele Soldaten gegeben, die geglaubt haben, etwas Gutes zu tun. „Je mehr man das verinnerlicht hat, desto mehr tut einem das jetzt weh.“ Ihn habe die Entwicklung in Afghanistan zum Schlucken gebracht. „Wer drüben gewesen ist, den trifft das besonders hart.“

Eine vielfach geäußerte Äußerung war: „Wir waren ja zu Anfang von unserem Auftrag überzeugt, vom militärischen sowieso, galt es doch, unsere Kameraden konkret zu schützen“. Mit den späteren Entwicklungen gab es aber wohl auch berechtigte Zweifel, an den Aufbauzielen, an dem Nation-Building mit Frieden und Demokratie oder an der Schaffung von Sicherheitsstrukturen. „Aber wir haben unseren Auftrag als sinnvoll erachtet und entsprechend gehandelt. Wir haben unseren militärischen Auftrag ausgeführt“.

Im Rahmen der zentralen Gedenkveranstaltung zum Ende des Afghanistaneinsatzes in Berlin stellte der Bundespräsident und die Bundesministerin der Verteidigung fest:

Auf die Bundeswehr ist Verlass.

Der Kampf gegen den internationalen Terrorismus in Afghanistan war erfolgreich, von Afghanistan ging in den letzten 20 Jahren keine terroristische Gefahr aus. Viele gesellschaftliche Veränderungen in Afghanistan wurden angestoßen. Die Bundeswehr hat unter Einsatz von Leib und Leben ihren Auftrag erfüllt. Der Einsatz war nicht vergebens. Die Soldaten können stolz auf ihre Leistungen sein.

Solche Sätze und Einschätzungen sind wohl wichtig, für die Moral der Truppe, für das Vertrauen in die Führung, für die Wirksamkeit der Streitkräfte in künftigen Einsätzen. Denn kämpfen können und kämpfen wollen sind zwei Seiten derselben Medaille.

W. Hertz
OL Linke