Blaue Stunde – endlich wieder analog

Ausbildung und Übung für Landes- und Bündnisverteidigung am Beispiel der multinationalen Großübung „Allied Spirit 2022“

Am 16.06.22 führte das Aufklärungsbataillon 6 „Holstein“ zum ersten mal seit Beginn der Corona Pandemie die „Blaue Stunde“ wieder als Präsenzveranstaltung mit zahlreichen Gästen durch.

Die sicherheitspolitische Informationsveranstaltung wurde mit über 80 Anmeldungen ausgesprochen gut angenommen und zeigte den Bedarf und das Interesse an einer derartigen Veranstaltung.

 

OTL Dr. Hoffmann begrüßt die Teilnehmer und leitet die InfoVeranstaltung zur Übung „Allied Spirit“ ein

Der Kommandeur eröffnete die Vortragsreihe mit einer kurzen Einordnung des Bataillons in die aktuelle Lage, in der die Gräben des kalten Krieges wieder tiefer und breiter werden. Die Rolle Deutschlands im Bündnissystem der NATO hat sich gewandelt. Die Bundesrepublik ist nach den Ost-Erweiterungen nicht mehr Frontstaat, sondern Drehscheibe für Personal und Material aller NATO-Partner. Der 24. Februar markiert die vielzitierte „Zeitenwende“. Daraus folgt aktuell eine Erhöhung der Truppenzahl im Ausland und auch das Mindset wird sich ändern. Die Bundeswehr stellt sich darauf ein, sich wieder mehr auf den Auftrag der Landes- und Bündnisverteidigung zu „refokussieren“ und gleichzeitig und gleichrangig an Einsätzen und Stabilisierungsoperationen der NATO teilzunehmen.
Für diesen komplexen Auftrag hat sich das Aufklärungsbataillon 6 bei der multinationalen Großübung ALLIED SPIRIT in Hohenfels zweckmäßig vorbereitet. Kernziel dieser Übung war die Verbesserung der Interoperabilität, also das Verbindunghalten und Zusammenwirken der Streitkräfte unterschiedlicher Nationen und Fähigkeiten. Interoperabilität wird auch in Zukunft eine wichtige Herausforderung sein, rund 20 Prozent des Sondervermögens werden für neue Funkgeräte und Digitalisierung verwendet werden.
Nach dieser Einordnung des Themas war der Oberfeldwebel
Melih live aus Litauen zugeschaltet und trug zum Thema „Resilienz im hochintensiven Gefecht am Beispiel der bodengebundenen Spähaufklärung“ vor.
Mit der Erfahrung aus der Übung ALLIED SPIRIT sowie jetzt knapp drei Monaten in der Battlegroup LITHUANIA bewertete er die drei Faktoren Robustheit, Durchhaltefähigkeit und Durchsetzungsfähigkeit. Die Robustheit bewertete er durch entsprechende
Ausbildung und Ausrüstung als gegeben. Die Durchhaltefähigkeit erforderte aufgrund der Dauer des Auftrags (10 statt 5 Tage) oft Kreativität und unkonventionelle Lösungen. Lediglich beim Aspekt Durchsetzungsfähigkeit haben die Späher auftrags- und fahrzeugbedingt Defizite, aber Aufklärer haben in der Regel keinen Kampfauftrag: „Viel sehen ohne selbst gesehen zu werden ist die Devise“.
Bei der Übung ALLIED SPIRIT haben die Späher durch verschiedene Maßnahmen ihre elektronische und thermische Signatur vermindert.

Im letzten Teil gab Oberleutnant Erik einen Einblick in die Arbeit der Feldnachrichtenkräfte mit den Bausteinen „Befragung von Kriegsgefangenen“ und „Gesprächsführung mit Kontakten“. Er war bei Allied Spirit als Zugführer eingesetzt und gab einen Überblick über Mittel und Verfahren zur Auftragserfüllung, aber auch über die Grenzen der Informationsgewinnung. Die Botschaft lautet: Das „Hauptwaffensystem“ der Feldnachrichtenkräfte ist die zielgerichtete Gesprächsführung.

Der Kommandeur fasste die Erkenntnisse der Vorträge noch einmal zusammen.
Wir Aufklärer haben keinen Kampfauftrag. Wir melden! Wir können unseren Auftrag erfüllen, wir haben gutes Material – nur zu wenig! Ziel muss die Vollausstattung und Modernisierung der Streitkräfte sein und mit dem Sondervermögen geht die Bundesregierung einen großen Schritt in die richtige Richtung.

Zum Abschluss die Frage:
Wie geht es für das Bataillon weiter?
Im Jahr 2023 stellen die Aufklärer von 6 erneut eine gemischte Aufklärungskompanie und somit etwa 100 Soldaten für die eFP Battlegroup in Litauen.
2024 fällt die gefährliche Stabilisierungsmission in Mali (MINUSMA) an die Eutiner und es werden weiterhin Soldaten im Kosovo-Einsatz sein.
Im Herbst ist eine weitere Blaue Stunde geplant mit dem
Schwerpunktthema: Die eFP Kompanie und deren Erfahrungen in Litauen.

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