10 Fragen an unseren neuen evangelischen Militärpfarrer Thomas Dietl.

Das Gespräch wurde im Oktober von Walter Hertz geführt.

Pfarrer Dietl im Gespräch mit Herrn Hertz.

Herr Pfarrer Dietl, Sie sind jetzt seit Juni 2019 im Amt des evangelischen Militärpfarrers in Eutin. Sind Sie bereits
richtig angekommen in Ost-Holstein, in Eutin und beim
AufklBtl 6 „Holstein?

Ein klares „Jein“. In dem halben Jahr, das ich nun hier in Eutin
bin, habe ich schon viele gute, offene und nette Kontakte mit
Soldaten gehabt, auch in Eutin fühle ich mich wohl, aber das
richtige Ankommen braucht etwas länger. Ich habe vieles noch nicht gesehen und noch nicht mitgemacht, vieles ist immer noch neu. Aber ich merke, dass ich immer mehr ankomme von Monat zu Monat.

 

Was ist Ihre Motivation für das Amt eines Militärpfarrers und welche Erwartungen hatten Sie bei Amtsantritt?

Meine Motivation ist, dass ich gern Menschen an ihrem Arbeitsplatz begleiten möchte. Die Soldaten übernehmen eine wichtige und bis an die Grenzen fordernde Aufgabe; sie dabei zu begleiten, war meine Erwartung bei meiner Entscheidung, mich zu bewerben. Ich möchte als Ansprechpartner für kleine Alltagssorgen und bei Notfällen da sein und helfen.

 

Haben sich Ihre Erwartungen und Vorstellungen bestätigt oder haben sich mehr die Befürchtungen durchgesetzt?

Viele der Vorstellungen haben sich tatsächlich bestätigt, dass ich etwa auf große Offenheit treffe und bei vielem dabei sein kann und auch Übungen hautnah miterleben kann. Auch als
Gesprächspartner werde ich angefragt, das gefällt mir. Die Befürchtung war, dass ich viel auf Dienstreisen unterwegs bin, das hat sich auch bestätigt.


Erkennen Sie einen Unterschied zwischen der seelsorgerischen Betreuung einer Kirchengemeinde und einer militärischen Organisation?

Da könnte ich jetzt eine ganze Liste an Unterschieden zusammenstellen, es handelt sich um sehr verschiedene Aufgaben. Was sicher zuerst ins Auge fällt, dass ich jetzt viel mehr mit jungen Menschen Kontakt habe und mit mehr Männern. Ich habe auch viel mehr Gespräche mit Menschen, die nicht an Gott glauben. Und es kommen mehr Menschen mit einem Anliegen zu mir, als ich das in meinen Gemeinden erlebt habe. Es gibt in der Kaserne in dem Sinne kein Gemeindeleben, keine Gruppen, keinen großen Kreis von Ehrenamtlichen, keinen Kirchenvorstand. Das unterscheidet die Arbeit hier schon sehr von der Arbeit in einer Kirchengemeinde.

 

Wie frustrierend ist es, wenn Standardangebote wie z. B. Standortgottesdienst, LekU oder Sprechstunden kaum wahrgenommen werden?

Naja, meine Frustrationstoleranz ist recht hoch. Es ist natürlich schön, wenn Gottesdienste gut besucht sind, das ist auch mein Ziel. Aber auch in einem Gottesdienst im kleinen Kreis kann der Funke überspringen. Der lebenskundliche Unterricht als Pflichtprogramm findet ja ohnehin statt, da ist es frustrierend, wenn es mir als Unterrichtenden nicht gelingt, das Thema an den Mann und an die Frau zu bringen. Aber da lässt sich dann für den nächsten Durchgang nachjustieren. Was mich eher frustriert ist, wenn Absprachen nicht funktionieren.

Gibt es bereits „Nachjustierungen“ der ersten Idee der Amtsführung?

Ich denke, das ist überhaupt ein Prozess, die eigene Rolle und die Möglichkeiten der Militärseelsorge zu entdecken, oder auch ihre Grenzen. Mit Frau Urfels habe ich da eine sehr gute Mitarbeiterin an meiner Seite, die sich auf Neues einlässt, Erfahrungen teilt und zusammen mit mir nach guten Wegen sucht.

 

In vielen Armeen ist der „geistliche Beistand“ fester Bestandteil des Führerkorps. Sind Sie hier in Eutin auch
„dabei“ oder eher „daneben“?

Naja, ich bin ja schon von der Struktur der Militärseelsorge in Deutschland eher „daneben“. Ich habe keinen Dienstgrad, gehöre
nicht zur militärischen Hierarchie. Damit kann ich schon kein fester Bestandteil der Führung sein. Aber ich treffe auch hier auf Offenheit, bin zu verschiedenen Veranstaltungen eingeladen und denke, dass sich auch hier die Zusammenarbeit noch entwickelt.

 

Sie haben das Bataillon auf den TrÜbPlatz in die Oberlausitz
begleitet. Wie haben Sie diese Zeit beim Bataillon und im
Biwak erlebt?

Ich kam da ja mitten in die Übung hinein, das war sicher nicht der beste Zeitpunkt, ging aber nicht anders. Ich habe dann darauf verzichtet, die Soldaten in ihren Verstecken aufzuspüren und so dabei zu helfen, aufgeklärt zu werden. Aber die Fluggeräte waren gut zu finden, der Gefechtsstand und das Verpflegungszelt. Da war schon die eine oder andere Begegnung möglich. Und der Gottesdienst war sehr gut besucht, das hat mich gefreut.

 

Werden Sie auch an Auslandseinsätzen teilnehmen?

Zurzeit laufen die Planungen für 2021, da werde ich voraussichtlich
in einen Einsatz gehen. Für mich als Militärseelsorger ist alle
2-3 Jahre ein Einsatz vorgesehen.

 

Wenn Sie Forderungen oder Erwartungen für Ihre Amtszeit in Eutin stellen könnten – welche wären das?

Da muss ich schmunzeln. Also wenn ich fordern könnte, dass
jeder, der sich mit Problemen rumquält, zu mir kommt, dann würde ich das tun. Ich bin hier in einer guten Position, habe Schweigepflicht, bin mit Ärzten, Psychologen, Sozialarbeitern gut vernetzt, und finde, dass das jeder nutzen sollte. Jedes Gespräch ist vertraulich. Das ist ein tolles Angebot.

 

Herr Pfarrer Dietl, ich danke Ihnen sehr für dieses Gespräch und für die offenen Worte. Ich finde es anerkennenswert, dass sich ein Pfarrer in der heutigen – für die Seelsorge und das Militär gleichermaßen – schwierigen Zeit für diesen Weg entscheidet und damit auch Flagge zeigt.

 

Ich wünsche Ihnen für Ihre weitere Amtszeit viel Erfolg,
eifrige Mitstreiter, Durchstehvermögen und immer einen Schutzengel an Ihrer Seite.

Für das Weihnachtsfest und das bevorstehende neue Jahr 2020 die besten Wünsche für Sie und Ihre Familie – in Eutin und im AufklBtl 6 „Holstein“.