„Da ist doch was?! ALARM!“ – schallt es durch den Wald. Der Alarmposten hat vor seiner Stellung einen feindlichen Spähtrupp aufgeklärt. Nun eilen alle Soldaten in ihre Stellungen, auch diejenigen die gerade geruht haben und bekämpfen den Feind. Vom 9. bis 18. März übten die Eutiner Aufklärer auf dem Truppenübungsplatz in Jägerbrück. Ziel: Einsatzbereit sein für ein Szenario der Landes- und Bündnisverteidigung.

Das Aufklärungsbataillon 6 angetreten:  Zum Abschluss der Übung treten alle Übungsteilnehmer auf der größten Schießbahn des Truppenübungsplatzes nochmal an, um den Übungsplatzaufenthalt Revue passieren zu lassen.
Das Aufklärungsbataillon 6 angetreten: Zum Abschluss der Übung treten alle Übungsteilnehmer auf der größten Schießbahn des Truppenübungsplatzes nochmal an, um den Übungsplatzaufenthalt Revue passieren zu lassen.

„Ich beabsichtige mit der Übung, das gesamte Aufgabenspektrum eines Aufklärungsbataillons mit allen seinen Kompanien und Fähigkeiten zu beüben. Wir sind das Auge und Ohr unserer Brigade. Wir müssen vor allen anderen wissen, wo der Feind ist. Nur so können wir unsere übergeordnete Führung bestmöglich unterstützen.“ So Tobias Aust, Bataillonskommandeur des Aufklärungsbataillons 6 „Holstein“.


Gesagt getan – die Holsteiner Husaren, auch bekannt als Eutiner Aufklärer, marschierten am 9. März 2020 mit rund hundert Fahrzeugen nach Jägerbrück. Das heißt jedoch nicht, dass alle einfach losfahren. Ein Gefechtsmarsch läuft da doch etwas anders ab. Aufgeteilt in 4 Marschgruppen fahren die Aufklärer mit einem zeitlichen Abstand zueinander, um im Falle eines Angriffs flexibel reagieren zu können. Wichtig hierbei ist auch, dass jede Fahrzeugbesatzung alle Abläufe innerhalb seiner Marschgruppe kennt. Warum das Ganze? Ganz einfach – wenn es zu einem Fahrzeugausfall kommt oder im Ernstfall die Marschgruppe angegriffen werden sollte, verliert niemand den Überblick. Jeder kennt seine Aufgaben, wie zum Beispiel den Luftraum absichern oder Schäden am Fahrzeug reparieren. Doch das war für die Eutiner Aufklärer nichts Neues, schließlich üben sie den Gefechtsmarsch nun schon mehrere Jahre. In Jägerbrück angekommen, lebten vom Kommandeur bis hin zum jungen Gefreiten alle Soldaten mit der Waffe am Mann kontinuierlich „in der Lage“. Diese sah wie folgt aus: Das Aufklärungsbataillon befindet sich auf dem Gebiet eines Bündnispartners, der sich in einer Bedrohungslage befindet. Die Eutiner Aufklärer sind nun dazu eingesetzt, den Bündnispartner zu unterstützen und vor einem möglichen Angriff zu bewahren.

 

Gefechtsübung im freien Gelände
Während der Übung ging es für die Aufklärer auch ins freie
Gelände. Von Prenzlau bis auf den Truppenübungsplatz Jägerbrück – alle und alles wurde beübt!
Nicht nur die Panzer-, Radar- und leichten Späher am Boden, sondern auch der taktische Einsatz der Drohne LUNA, sowie die Feldnachrichtenkräfte mit einer eingerichteten „Temporären Befragungsstelle für Kriegsgefangene“ in Anlehnung an die Kampftruppe, haben geübt. Die Feldnachrichtenkräfte des Aufklärungsbataillons sind in der temporären Befragungsstelle in der Lage, Kriegsgefangene so zu befragen, dass im besten Fall gefechtsentscheidende Informationen der feindlichen Kräfte gewonnen werden können.
Das besondere dieses Jahr war, dass die Spähaufklärung bei Nacht im Fokus stand. Hierbei konnten insbesondere die Fenneks ihre hervorragende Nachtkampffähigkeit ausspielen. Mit ihrer Beobachtungs- und Aufklärungsausstattung, kurz BAA, sind die Späher in der Lage, auch bei Nacht aufklären zu können. Die BAA hat nämlich unter anderem eine Wärmebildkamera, welche auch im Dunkeln klare Bilder liefern kann.
Doch erst im Verbund entfaltet das Aufklärungsbataillon seine volle „Kampfkraft“ nach dem Grundsatz „viel sehen ohne selbst gesehen zu werden“. Dazu wirkten die Späher am Boden eng mit der Drohnenaufklärung in der Luft zusammen.

 

Aufklärung aus der Luft
Wetter – check, Flugfreigabe – check, System startbereit – check, und schon ist die Drohne in der Luft. Was sich so einfach anhört, ist es aber ganz und gar nicht. Hier in Deutschland gelten strenge Regeln, die den Luftraum betreffen. Aus Sicherheitsgründen darf daher die Drohne nur bei ganz bestimmten Wetterdaten starten. Auch sonst muss am Systemgerät LUNA, einer von zwei Drohnensystemen des Aufklärungsbataillons, alles in Ordnung sein. Es muss alles stimmen und das ist selten. Am 14. März 2020 war es dann jedoch soweit – die Eutiner Drohneure führten während der Übung 9 Flüge hintereinander an einem Tag durch – damit neuer Rekord seit Einführung des Systems LUNA 2003.

 

 

 

Leben in der Lage
Da ein Angriff einer feindlichen Armee vermutet wurde, konnten die Eutiner Aufklärer ihre Gefechtsstände und Versorgungspunkte nicht einfach so betreiben. Diese galt es zu sichern, denn auch den Soldaten nicht freundlich gesonnene Personen könnten sich im Bündnisland formieren und Angriffe auf das Aufklärungsbataillon ausführen. So fanden sich die Gefechtsstand- und Versorgungssoldaten während der Übung wiederholt bei Angriffen von verdeckt operierenden Kräften in ihren Alarmstellungen wieder – bei Tag, aber vor allem auch bei Nacht. Damit will der Kommandeur jedem seiner Männer und Frauen klarmachen, dass „hochintensives Gefecht heute, 360 Grad-Bedrohung für alle jederzeit und überall bedeutet.“ Denn wenn es „hart auf hart kommt, muss JEDER Aufklärer kämpfen können“. Fragte man die Soldaten des Alarmpostens so berichteten diese: „Die Übung versetzt uns in ein Bild, wie intensiv ein heutiger Konflikt ohne ‚vorne und hinten‘ sein kann. So können wir üben, wie wir uns im Ernstfall verhalten müssen – auch wenn es anstrengend ist, allzeit bereit zu sein. Dazu Leben im Felde bei -6 Grad. Sportlich, aber auf jeden Fall machbar! Schließlich weiß man wofür man das ganze macht, nämlich im Falle eines Angriffs bereit zu sein. Der Feind wartet bestimmt nicht auf schönes Sommerwetter“.


Aufklärung durch Kampf
„Alter Wein in neuen Schläuchen.“ Zusammen mit den Grenadieren vom Panzergrenadierbataillon 411 aus Viereck übten die Eutiner Aufklärer das „Aufklären durch Kampf“. Früher wurde dieses Konzept bereits angewendet, doch geriet es in den Hintergrund als Stabilisierungseinsätze wie beispielsweise die Missionen in Afghanistan dazu kamen. Doch nun steht die Landes- und Bündnisverteidigung wieder im Fokus und so muss sich das Aufklärungsbataillon auf seine alten Grundsätze berufen –
Enge Zusammenarbeit, sprich Schulter an Schulter mit der Kampftruppe, um den Aufklärungsauftrag bestmöglich ausführen zu können. Um sich selbst zu schützen, bildet der Gegner zumeist eine sogenannte Sicherungslinie. Hier stehen Gefechtsfahrzeuge, unter anderem Kampf- und Schützenpanzer, in Stellungen bereit, um den Gegenüber keine Angriffsfläche zu bieten. So eine Sicherungslinie unentdeckt zu überwinden, ist nicht immer möglich. Daher fuhren die Fenneks der Aufklärer zusammen mit den Mardern der Grenadiere im verstärkten Spähtrupp über die Schießbahn und übten das Durchstoßen dieser feindlichen Sicherungslinie. Der Marder als „schwere“ Waffe vorweg bekämpft dabei den Gegner so lange, bis sich eine Lücke in der Sicherungslinie auftut. Die Aufklärer nutzen diese Gelegenheit und können so in den Rücken des Feindes aufklären um ihren Auftrag als „Auge und Ohr“ ihrer Panzergrenadierbrigade 41 weiter fortzuführen.


Übungsende
Damit die Eutiner Aufklärer auch wieder in ihren Heimatstandort Eutin kommen, muss getankt werden. Denn ohne Kraftstoff gäbe es kein Vorankommen für die über 100 Fahrzeuge der Aufklärer aus Eutin. Doch getankt wird nicht einfach an einer Tankstelle. Das Aufklärungsbataillon muss selbst die Fähigkeit haben, seine Fahrzeuge zu betanken. Auf dem Gefechtsmarsch passiert das in einem vorher erkundeten Bereich. Hier stehen dann die eigenen Tankwagen bereit, welche alle Gefechtsfahrzeuge des Bataillons mit Kraftstoff versorgen können.
Nach zwei Wochen intensiven Übens resümiert der Bataillonskommandeur Tobias Aust: „Mit dem Holsteiner Husar 2020 steigen wir in die nächste Phase unseres Ausbildungs- und Übungsprogrammes ein.
Es geht nicht nur darum, unseren Ausbildungsstand zu halten, sondern noch zu erweitern – besser zu werden. Wenn Material fehlt, muss dies durch gute Ausbildung und Taktik ausgeglichen werden.“ Dies ist dem Aufklärungsbataillon 6 mit dem Holsteiner Husar 2020 mehr als gelungen.


OL Preuße