Internationaler Erfahrungsaustausch

Ein Feldnachrichtenblick über den Tellerrand am HUMINT Center of Excellence in Rumänien

Im Sommer 2023 nahmen zehn Soldaten der 3./AufklBtl 6 „Holstein” gemeinsam mit Kameraden aus 18 Partnernationen an der NATO-Feldnachrichtenübung STEADFAST INTEREST (STIN) teil. Für drei Wochen galt es, den Informationsbedarf des Kommandeurs der fiktiven NATO Mission AFOR mit Hilfe des Menschen als Informationsquelle zu decken. Durchgeführt wurde die Übung unter Federführung von SHAPE am HUMINT Center of Excellence im rumänischen Oradea. Ziel war es, NATO Standards international zu vertiefen und neue Verfahren und Arbeitsweisen zu erproben.

Sonnenuntergang am Sebes Körös, Oradea
Sonnenuntergang am Sebes Körös, Oradea

Nach einer kurzen Assessment- und Ausbildungsphase wurden die Teilnehmer in sechs internationale Field HUMINT Teams/Feldnachrichtenzüge eingeteilt. Eines der Teams unter deutscher Führung bestand beispielsweise aus vier zweiköpfigen Handling Teams aus Italien, Polen, Litauen und Deutschland, einem deutschen und litauischen Auswerter sowie einem rumänischen Stellvertreter. Nach kurzer Kennenlern- und Vorbereitungszeit begann schließlich die eigentliche Feldnachrichtenarbeit in Form verschiedenster Interaktionen mit menschlichen Quellen.

Dabei ergab sich für die deutschen Teilnehmer der Übung eine große Besonderheit:
Um gemeinsam mit NATO-Partnern arbeiten zu können, bedurfte es der Genehmigung vom Kommando Heer, in Zivilkleidung operieren zu dürfen. Dies zwang unsere deutschen Handling Teams zur schnellen Adaption und zum Erlernen neuer Arbeitsweisen. So traten sie zwar immer noch offen, also ohne Legende oder tiefergehende Verschleierungsgeschichten auf, viele Einsatzgrundsätze nach NATO Standard waren jedoch Neuland. Beispielsweise der Einsatz verdeckter Cover Teams anstelle gewohnter Sicherungselemente und der Einsatz auch ziviler Fahrzeuge. Das Ergebnis war ein reger, auch internationaler Austausch über die Vor- und Nachteile von Feldnachrichtenoperationen mit und ohne Uniform.

Auch die strikte und detaillierte Befehlsgebung im Englischen stellte die Kameraden teils vor Herausforderungen. Dabei stand auf der einen Seite ein ungewohnt hohes Maß an Micromanagement, auf der anderen Seite auch handfeste Kommunikationsprobleme. Das Englischniveau zeigte sich innerhalb der Training Audience, aber auch in der Kommunikation mit Ausbildern und nicht zuletzt den Lagedarstellern, als äußerst heterogen. Nicht zuletzt der bloße Wille aller Beteiligten, auch über Sprachbarrieren hinaus zu kommunizieren, führte dazu, dass die internationale Zusammenarbeit dennoch gut funktionierte. Viele Missverständnisse und Reibungsverluste wären jedoch vermeidbar gewesen. Gerade die stärkere Einbindung der Begriffe aus englischen NATO-Vorschriften in der fachlichen Ausbildung würde das Wording enorm erleichtern. Es bleibt die Motivation, die eigenen Englischfähigkeiten immer weiter zu verbessern und so internationales Arbeiten zu verbessern.

Beeindruckend war die enorme Menge an Ausbildern, Lagedarstellern und Lageautoren. Ihre Anzahl überragte die der Trainingsteilnehmer deutlich. Das war notwendig, um auch über einen längeren Zeitraum hinaus den intensiven Charakter der Übung beizubehalten. Während STIN traf sich jedes der Handling Teams zur Informationsgewinnung mit bis zu zehn verschiedenen Personen. Da sich diese Interaktionen nie perfekt vorausplanen lassen, ergab sich eine Sisyphusarbeit für die Autoren, welche immer wieder die Gesamtlage und die Drehbücher für die Lagedarsteller anpassen mussten. Gerade in den letzten Phasen der Übung kam zusätzlich eine hochprofessionelle Feinddarstellung hinzu, welche die Handling Teams zu einer Reihe kreativer und effizienter Maßnahmen zum Schutz ihrer Quellen zwang.
In diesem einmaligen Umfeld gelang es den Teilnehmern aus Eutin trotz eines ungewohnten Umfelds, neuer Arbeitsbedingungen und Sprachbarrieren auf allen Ebenen nicht nur einen durchweg positiven Eindruck zu hinterlassen, sondern auf internationalem Level die Expertise für erfolgreiche Nachrichtungsgewinnung zu verbessern. Es steht zu hoffen, dass in der Zukunft möglichst viele Kameraden “von Sechs” in den Genuss dieser Hochwertausbildung kommen werden, um so den eigenen Horizont zu erweitern für eine internationale erfolgreiche Zusammenarbeit im Einsatz.

Autorenteam 3. Kompanie