Was macht den „Reitergeist“ aus?

Ein Plädoyer zum 65. Bataillonsgeburtstag nach einem Redekonzept von GenLt a.D. R. Kather

An einem 65. Geburtstag wird üblicherweise zurückgeschaut oder Bilanz gezogen. Das Aufklärungsbataillon 6 „Holstein“ präsentierte sich zu diesem Anlass hingegen mit einem Tag der offenen Tür vor allem der Öffentlichkeit und würdigte dieses Jubiläum mit einem öffentlichen Appell mit zahlreichen prominenten Gästen und Repräsentanten auf dem Eutiner Marktplatz.
Auch Generalleutnant a.D. Roland Kather, 10. Kommandeur von 1989 bis 1991 war als Ehrengast und Redner zu diesem besonderen Anlass eingeladen. Er hielt eine vielbeachtete Rede, die aktive, aber auch viele ehemalige Aufklärer offensichtlich sehr berührt und auch im Nachgang zu interessanten Gesprächen geführt hat.

Generalleutnant a.D. Kather: „Reitergeist“ als roter Faden für Leistung und Haltung, gestern und heute
Generalleutnant a.D. Kather: „Reitergeist“ als roter Faden für Leistung und Haltung, gestern und heute

Die Überschrift lautete:
Was macht den „Reitergeist“ aus?
General Kather sprach damit die angetretenen Männer und Frauen des Bataillons direkt an und traf mit der Frage nach Sinn und Bedeutung von „Reitergeist heute“ einen Nerv: ein durchaus gängiger Begriff aus der Geschichte der Reiterei und der Kavallerie – übersetzt in die heutige Zeit.

Gleich zu Beginn räumte er mit einem Klischee auf:
„Reitergeist ist nicht das goldgelbe Halstuch, sind nicht die goldgelben Biesen in den Hosen, ist nicht Sherry-trinken mit links oder kokette Sprüche.
Reitergeist bedeutet: von vorne führen, die ersten sein, wenn es gefährlich wird.
Reitergeist bedeutet: Verantwortung übernehmen und tragen, jeder auf seinem Platz.
Reitergeist bedeutet: Professionalität in allen Belangen – im sorgfältigen Umgang mit dem anvertrauten Material – in der
Taktik und in der Ehrfurcht im Umgang mit den anvertrauten Menschen – in der Kameradschaft. Das ist Reitergeist! Alle diese Eigenschaften, alle diese Tugenden gehören zu diesem Bataillon seit seiner Gründung 1958.“

Als ehemaliger Kommandeur und langjähriger Beobachter des Bataillons stellte er fest:
„Das Bataillon hat sich im Alltag, in der Ausbildung und im
Einsatz bewährt, es ist sowohl in Eutin und in der Region ein voll integrierter Bestandteil, mit lebendigen Verbindungen in die Patengemeinden und in die Gesellschaft. Dies wird an so vielen Begebenheiten in der Geschichte des Bataillons deutlich.“

Als Beleg für diese Feststellung nannte General Kather exemplarisch einige Beispiele:

  • die traditionellen Veranstaltungen des Bataillons in Eutin und mit den Patengemeinden sowie mit der Kameradschaft der ehemaligen und den Freunden und Förderern des Bataillons
  • die unvergessenen Leistungen und die Einsatzbereitschaft in der Schneekatastrophe 1979
  • aber auch die Professionalität im „kalten Krieg“ im damaligen GDP zwischen Ratekau und Neustadt
  • mit der gleichen Professionalität hat das Bataillon die
    Herausforderungen in der Zeit der Wiedervereinigung in Hagenow und Schwerin angenommen und erfolgreich ausgeführt
  • später galt es über viele Jahre, in den Einsätzen im Kosovo, in Afghanistan und in Mali zu bestehen – Gott sei Dank ohne Gefallene, aber nicht ohne Verwundete an Leib und Seele. Auch hier wurde dem Bataillon stets hohe Professionalität, Leistungsfähigkeit und Leistungswillen bescheinigt. Das ist Reitergeist!

General Kather führte weiter aus:
„Heute liegen die Einsatzschwerpunkte des Bataillons in Litauen, an der Ostflanke der NATO mit den Einsätzen

„enhanced Forward Presence“ (eFP) und „enhanced Vigilance Activities“ (eVA). Diese Herausforderungen der Vergangenheit und Gegenwart ließen und lassen sich nur mit hoher Flexibilität, fachlichem Können, ausgeprägtem Verantwortungsbewusstsein, zupackender Dynamik und der richtigen Einstellung bewerkstelligen – eben mit Reitergeist“.

Und dann spannte General Kather noch einmal einen Bogen
zurück auf die Anfänge des Bataillons:

„Über den Reitergeist hinaus gehört zur Grundjustierung der Eutiner Soldatinnen und Soldaten auch untrennbar der Leitspruch des ersten Kommandeurs, Oberst Herrmann, dessen Namen diese Kaserne trägt: Kinders- wir sind nicht besser als die Anderen – wir sind nur anders“.

Zum Abschluss seiner vielbeachteten Rede stellte General Kather noch einmal klar:
„Das Aufklärungsbataillon feiert seinen 65. Geburtstag! Es ist nunmehr das einzige Heeresbataillon in Schleswig-Holstein! Ich bin stolz auf das Bataillon und seine Männer und Frauen. Sie haben in der Vergangenheit und bis jetzt die drei Säulen
Reitergeist, Professionalität und die Verbindung mit Eutin, mit Ostholstein und Schleswig-Holstein gelebt.
Herzlichen Glückwunsch und alles Gute für die Zukunft.“

Es bleibt festzuhalten: Mit Reitergeist verbinden sich keine aus der Zeit gefallene Marotten und Klischees, sondern Reitergeist ist vor allem eine Haltung, eine Gesinnung, die auf soldatischen Tugenden und Grundüberzeugungen beruht und keinem Zeitgeist unterliegt.

Hertz