Politische Bildung bei den Eutiner Aufklärern

Ein (meinungs-) starker Vortrag von Jan Techau.
Dieser fast schon provokanten Frage, zumindest wenn es sich bei dem Publikum um Soldaten handelt, stellte Herr Jan Techau bei seinem Vortrag „Eine Bundeswehr, aber keine Streitkräfte“ im Offizierkasino Anfang Juli. Herr Techau folgte damit einer Einladung des
Fördervereins und  einem Ruf aus seiner alten militärischen Heimat, diente er doch als junger Aufklärer von 1991 bis 1992 in Eutin.

Techau attestiert, dass die Frage nach dem Sinn von Streitkräften symptomatisch sei für die sicherheitspolitische Kultur in Deutschland, die unter deutlichen Mangelerscheinungen zu leiden habe.  

Techau stellte sich nach seinem spannenden Vortrag den zahlreichen Fragen der mehr als 70 Zuhörern aus Militär, Politik und Zivilgesellschaft.

In einem bekannt gewordenen Artikel der „Loyal“ äußerte der Senior Fellow beim German Marshall Fund in Berlin:
„Deutschland hat seine Streitkräfte – die Bundeswehr – mehr als 25 Jahre lang reformiert, mit dem Ergebnis, dass sie nicht mehr einsetzbar sind. Wenn die Absicht bestand, die „deutsche Kriegsmaschinerie“ auf staatstragende Weise zu zerstören, dann ist das Manöver erfolgreich gelungen“. „Diese Sätze tun beim Schreiben weh“, so Techau, der für deutlich mehr sicherheitspolitisches Selbstbewusstsein in Deutschland wirbt. Aber woran liegt dieses mangelnde Selbstbewusstsein und der Drang sich als Akteur in der internationalen Sicherheitspolitik verstecken zu wollen?    

Die Frage nach der Moral und fehlendes Vertrauen
Nach Techau sei hierfür insbesondere ein mangelndes Vertrauen in uns selbst ursächlich. Verallgemeinert lässt sich sagen: „Wir haben kein Vertrauen darauf, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen“. Dies wiege umso schwerer, da politische Diskussionen in Deutschland zunächst immer auch moralische Diskussionen seien. Er attestiert der Politik, dass diese immer alles vorher wissen und sich auf der zweifellos „richtigen Seite“ befinden wolle. „In der Außenpolitik muss man jedoch Kompromisse eingehen“, so Techau. Der daraus resultierende Konflikt führe zu einer „deutschen Vermeidungspolitik“, die das Misstrauen bei unseren Verbündeten schüre. In Anbetracht der aktuellen politischen Lage stellt der Vortragende fest: „Wir werden mehr tun müssen, denn Amerika wird uns nicht mehr so zur Seite stehen wie in der Vergangenheit“. Dazu appelliert er an alle Anwesenden, eine
sicherheitspolitische Debatte, auch bei ihren Landtags- und Kreistagsabgeordneten einzufordern. „Die oberste Aufgabe eines Staates ist der Schutz seiner Bürger.
Wenn der Staat selbst darüber nicht offen sprechen kann, dann hat er ein Problem“. Abschließend attestiert Techau, dass Deutschland wichtige, wenn auch verhältnismäßig kleine Schritte tue – man betrachte sich beispielsweise die Ausbildung der Peshmerga, die VJTF oder die Steigerung des Militäretats – doch der Bedarf entwickle sich derzeit wesentlich stärker als dass diese kleinen sicherheitspolitischen Schritte ihn decken könnten. Der Kommandeur, Oberstleutnant Tobias Aust, bedankte sich bei Techau für den eindrucksvollen und meinungsstarken Vortrag: „Wir brauchen diese Diskussionen in Deutschland und ich appelliere auch an all meine Offiziere, zeigen Sie sich im Diskurs fordern Sie die Debatten und stehen Sie für den sicherheitspolitischen Diskurs ein. Wir Soldaten und Offiziere müssen in den sicherheitspolitischen Debatten mehr Präsenz zeigen und dürfen uns nicht hinter einer falsch verstandenen Verschwiegenheit verstecken!“

 

H Simon

Ausgezeichnete und beförderte Soldaten des Aufklärungsbataillon 6 „Holstein“.